Korsika 2013


Bastia - Ponte Leccia

All dies hier draußen hat nichts mit der Welt des modernen Reisens zu tun: Riesenschornsteine, die brüllen, schwere Eisenplanken, auf denen sich Pfützen gebildet haben und die wohl schon zwanzig Mal mit diesem für die Seefahrt typischen Hellblau überstrichen wurden, armdicke Taue, die über wuchtige Rollen eingezogen werden, nun, da wir in See stechen. Den Luxus der schallisolierten Hochgeschwindigkeitszüge habe wir am Hafen von Marseille hinter uns gelassen um uns in dieser groben Wirklichkeit der Passagierschifffahrt für eine Nacht einzurichten.

Ponte Leccia - Corte

Wir haben es heute Morgen nicht eilig. Während das Kaffeewasser mit dem letzten Gas aus der Kartusche erst langsam zu köcheln beginnt, beobachte ich Ameisen, die sich um einen Brotkrumen bemühen. Die großen Ameisen zerren diesen für ihre Verhältnisse gigantischen Brocken durchs trockene Gras, während ein zweites Volk kleiner Ameisen winzige Stücke herausreißt und eifrig in ihre Gänge schleppt. Ein hektisches, scheinbar wirres Treiben.

Corte - Col de Verde

Das Rot der Mohnfelder, die links und rechts von uns vorüberziehen, sobald wir die ehemalige Hauptstadt Corte hinter uns gelassen haben, ist selbst für einen Nicht-Botaniker wie mich bestechend. Dazu passend blauer, wolkenloser Himmel. Wir verfolgen ein kleines Sträßchen entlang des Tavigano, der nach Osten dem Mittelmeer zufließt, fürs Erste unsere Richtung. Es geht bergab - eine sachter, einem Sonntag angemessener Einstieg.

Col de Verde - Figari

Als ich wach werde, sind die vielen bunten Zelte rings um uns verschwunden. Ein paar Nachzügler sind noch damit beschäftigt, die letzen Dinge in ihre Rucksäcke zu stopfen. Die Disziplin der Wandersleute ist bewundernswert - es ist gerade mal sieben Uhr. Wir haben es gestern Abend versäumt, für uns Frühstück zu bestellen - das Wenige, was wir jetzt noch bekommen, ist sein Geld nicht wirklich wert. Wir wollen es als Beitrag für den Unterhalt dieser Herberge sehen und damit zufrieden sein, dass wir überhaupt etwas im Magen haben. Wir werden die Sache anderswo hoffentlich nachholen.

Figari - Bonifacio

Die Aussicht, heute von Bonifacio aus nach Sardinien überzusetzen, verfängt nicht, obwohl uns nur ein paar Kilometer bis zur Südküste Korsikas bleiben. Das wäre in wenigen Stunden zu machen. Aber wozu? Dem ewigen Weiter, Weiter werden wir heute einen Riegel vorschieben. Ist es nicht schon genug, dass man seine Zeit nicht anhalten kann? Muss man dann auf Reisen immer weiter vorandrängen? Nein.