Tour d'Occitanie 2007


Aramon - Lamalou

Warme Luft des Südens umweht meine Nase, als ich sie um halb sieben morgens aus dem Schlafsack strecke. Aprikosenbäume mit reichlich Fallobst zu meiner Rechten, links von mir eine Hecke, die die Felder vor dem Mistral schützt. Daran angelehnt: mein Rad. Ich blicke zum Himmel: azurblau. Dann kann's ja losgehen.

Gestern abend bin ich nach sechs Stunden Zugfahrt - bis Valence bei Regen - in Avignon angekommen, am TGV-Bahnhof, der wohl eine halbe Radstunde außerhalb liegt. Kurz eingetaucht in das bunte Treiben innerhalb der enormen Stadtmauern, eingekauft und raus aus der Stadt, weiter Richtung Süden, die D 2 entlang des rechten Rhôneufers.

Lamalou - Chalabre

Mittwoch, 27. Juni 2007


Meine Freunde haben furchterregende Namen: Peyresourde, Tourmalet, Aubisque. Sie sind nicht wirklich meine Freunde, aber ich bin mit ihnen doch soweit bekannt, dass ich mir einreden kann, der Weg zu ihnen lohne sich. Dass ich jedenfalls genug Motivation aufbringe, morgens um sechs Uhr den Wagenburglern kampflos die letzte Bastion der Freiheit zu überlassen, und mein Terrain lautlos räume.

Col de Portet d'Aspet - Luz-St. Sauveur

Während mein feuchtes Zelt noch steht, koche ich mir um um halb sieben Kaffee. Die Nebelgrenze liegt direkt unter mir, bald darauf zieht der Nebel noch höher und als die Sonne eine knappe Stunde später hinter den Bergen aufgeht, hat sie nicht die Kraft, mein Zelt noch zu trocknen.

Ich habe mir gestern auf der Nase, auf Armen und Beinen einen Sonnenbrand geholt, nicht schlimm, aber unangenehm. Heute creme ich mich ein, ehe ich mein Camp verlasse und die steile Abfahrt bis zum Abzweig vier Kilometer weiter hinunterrase, wo es gleich schon wieder links zum Col de Menté hochgeht.

Luz-St. Sauveur - St. Sever

Heute heißt es Abschied nehmen von den Pyrenäen. Auch bei meinem zweiten Besuch werden mir ihr freundlicher Empfang, ihre Ruhe und ihre unaufdringliche Schönheit in bester Erinnerung bleiben. Und wie bei guten Freunden sollte man zur rechten Zeit an die Weiterreise denken.

die Auffahrt zum Col de SoulorIch schlafe heute länger als an den letzten Tagen. Dann ziehe ich mein übliches Programm durch, bis die Packtaschen am Rad hängen und der Helm auf dem Kopf sitzt. Das Paar neben mir, Wanderer, macht sich vor mir auf den Weg, der Belgier gibt die ersten Lebenszeichen von sich, als ich den Platz verlasse.

St. Sever - Cadillac

Mein letzter Tag auf dem Rad vor zwei geplanten Ruhetagen. Zeitig am morgen bin ich zurück auf der Straße in Richtung Mont-de-Marsan, der Präfektur des Departements Landes. Die Innenstadt selbst ist zu dieser frühen Stunde fast ausgestorben. Eine abgetakelte Frau geht mich um Geld an; sicher ihre ersten Worte an diesem Morgen. Eine lange Gerade, die mich aus der Stadt führt, ein paar frühe Sonntagsausflügler in ihren Autos, ein Jogger, dann wird es sehr einsam. Grauer Himmel füllt den Raum zwischen den Baumkronen.

Cadillac - Saint Astier

Nach zwei Tagen des Müßiggangs in den Weinbergen von Bordeaux und der Bucht von Arcachon, vor vollen Tellern und Schüsseln, nach Tagen, getaucht in rubinroten, tanninhaltigen Bordeaux, fällt es mir schwer, den Anker zu lichten. Schon habe ich mich nach einem Zug nach Osten erkundigt, quer durchs Zentralmassiv, um einen oder zwei Tage länger bleiben zu können. Dann habe ich diese Idee doch wieder verworfen, ohne den Grund dafür nennen zu können; auch mein alter Freund hat nicht danach gefragt. So ist es eben mit guten Freunden: man muss beizeiten an die Weiterreise denken.

Saint Astier - Salers

Schon bald merke ich, dass ich mit meiner Übersichtskarte France Sud aus dem Jahr 1995 im Maßstab 1:1 000 000 Probleme bekommen werde. Zwischen meinen Detailkarten vom Südwesten und dem Zentrum klafft eine Lücke, die ich mit der Übersichtskarte überbrücken wollte. Zwischenzeitlich hat sich die Straßenlandschaft gründlich geändert. Eine Autobahn mit Auffahrt ist hinzu gekommen, die Nationalstraße heißt nun N 6089 statt N 89, es gibt Straßen nach links und rechts, alle Orientierung geht mir verloren.

Salers - Le Puy-en-Velay

Ich bin zwar nicht erfroren in der Nacht, aber irgendwann musste ich mir noch ein T-Shirt überziehen, da die Temperatur wohl auf unter zehn Grad abgefallen ist. Als ich aufwache, tropft der Regen noch immer aufs Zelt. Dicker Nebel hängt über mir. 11° zeigt das Thermometer. Das sind ja schöne Aussichten...

Ich koche Kaffee und zögere das Frühstück hinaus. Aber irgendwann hilft alles nichts: im strömenden Regen packe ich meine Sachen zusammen und rolle das nasse Zelt ein. Und mir fällt auf, dass ich bisher, bei allen Wetterkapriolen auf dieser Tour, in diesem Punkt doch Glück hatte.